Rundfunkzwangsgelder

Der naheliegende Kompromiss: Wer nicht bezahlt, der leiste nachweislich eine entsprechende oder auch leicht höhere Zahlung an eine Medienanstalt seiner Wahl. Es muss sich um eine Nachrichtenquelle handeln, die Berichterstattung und Kommentare zum politischen Tagesgeschehen im Internet den Nutzern kostenfrei zur Verfügung stellt. Es kann auch eine Lokalzeitung sein.

Weshalb nicht, und weshalb nicht schon längst gang & gäbe?

Im Folgenden Überlegungen, wie man es komplizierter aber noch immer integer machen kann.

Basisdemokratische Finanzierung
der Medien und der Kultur

Die etablierten Medien, ob privat oder öffentlich-rechtlich, haben seit 2020 jeden Rest an Glaubwürdigkeit verloren. Sie betreiben bei allen wichtigen Themen Propaganda und gehören abgeschafft, ihre Mitarbeiter aus dem Beruf ausgeschlossen. Wie das bewerkstelligt werden soll, steht auf einem anderen Blatt.

Als vierte Gewalt haben sie sich gleichschalten lassen und somit das demokratische Selbstverständnis zerstört, denn ohne zuverlässige Informationen ist eine Demokratie, wie auch immer geartet, unmöglich.

Hier geht es darum, wie zukünftig die Medien anders finanziert werden können.

Im Internetzeitalter ist vieles frei zugänglich, das früher bezahlt werden musste. Die Bürger werden aufgefordert, freiwillige Zahlungen zu leisten, diese reichen aber keineswegs.

Traditionell wurden die privaten Medien mit Werbung finanziert. Mit dem Internet und der Marktbeherrschung durch Google & Co. ist dieses Geschäftsmodell weitgehend hin. Es war aber schon immer ein fragwürdiges Konzept, denn bei der Werbung handelt es sich um Aufdringlichkeit und einseitige Informationen. Im Übrigen werden die Werbeausgaben der privaten Industrie nach wie vor dadurch staatlich subventioniert, dass diese Ausgaben steuerlich absetzbar sind. Ohne diese Komplizenschaft würden die Tech-Giganten auch nicht so übermäßig profitabel sein.

Als Finanzierungsmodell bleibt damit nur die Erhebung von Zwangsgebühren. Ich schlage nun eine Gestaltung vor, die für Konsens sorgen kann:

Jeder wählt die Medienträger, denen seine Beiträge zukommen sollen.

Es handelt sich wohlbemerkt nicht um Abonnements. Die Wahl ist ferner geheim. Es müsste möglich sein, zeitnah (mindestens einmal im Jahr) seine Präferenzen zu ändern. Wer an seinen Präferenzen festhält, bräuchte nichts mehr zu unternehmen. Es müssten Kriterien gefunden werden, um die Anbieter zu identifizieren, die für die passive Wahlberechtigung qualifiziert sind.

Mehr zum Thema steht auf Englisch bei
http://www.klasseverantwortung.de/english/digitalincome.html
denn dieser Ansatz beschäftigt mich seit vielen Jahren.

Das Wort „Digital Income“ hat inzwischen leider eine völlig andere Bedeutung erhalten. Gemeint war eine Zuteilung des Staates, die der Bürger entsprechend wie oben beschrieben würde nach seinem Gutdünken verteilen können. Dieses Konzept enthielt keine Zwangsgebühr, denn die Kosten sollten aus der allgemeinen Steuereinnahmen gedeckt werden.

Inzwischen bin ich zur Überzeugung gekommen, dass ausgerechnet hier die Erhebung über staatsferne Instanzen erfolgen muss. Dadurch, dass Bürger etwas getrennt bezahlen, wird ihr Engagement bei der Sache befestigt. Man bezahle ausgerechnet diese Gebühr selbstbewusst und mit Stolz.

Auch wenn viele nicht – oder nicht mehr – das Staatsfernsehen schauen oder die Zeitungen lesen, so dürfte die Minderheit, die keine frei zugänglichen Informationen (oder sonst Unterhaltung) konsumieren, schwindend klein sein. Ähnlich wie fast jeder die Straßen benutzt. Insoweit ist die Erhebung einer Zwangsgebühr gerechtfertigt, wie dies bisher nicht der Fall gewesen ist.

In meinem 2015 erschienenen Buch „Klasse Verantwortung“ habe ich ein verwandtes Thema angesprochen. Mir ging es um die Subvention beziehungsweise Finanzierung von Kultur, die abseits der technischen Reproduzierbarkeit stattfindet. Also um die menschliche Kultur, die in Kleinkonzerten, im Theater, bei Kunstausstellungen oder auch bei Leihbibliotheken stattfindet. Bei Veranstaltungen, wo Gleichgesinnte zueinander finden können, ohne Smartphone-Apps oder Partnerbörse.


Grundeinkommen Kultur

Die persönliche Kulturkarte für Jedermann

Aus dem Jahre 2015

I.

Nicht nur in Deutschland entsteht eine Debatte über die werbefreie Finanzierung vom öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehangebot im Zeitalter des Internets. Es gibt Lösungsmöglichkeiten, die bisher weder hierzulande noch sonst erörtert wurden. Mit diesen könnte man nicht nur einen Mittelweg erreichen, um einigermaßen einvernehmlich werbefreie und wünschenswerte Medien zu finanzieren, sondern auch die Finanzierung von kulturellen Veranstaltungen und dergleichen marktgerecht absichern.

Die bisherige Lösung bestand darin, dass jeder Haushalt mit einem entsprechenden Gerät eine regelmäßige Abgabe für den Empfang leisten musste und zwar unabhängig davon, ob die entsprechenden Sendungen tatsächlich wahrgenommen wurden. Da inzwischen die Sendungen auch im Internet angeboten werden und es unterstellt wird, obwohl kaum nachprüfbar, dass jeder Haushalt einen internetfähigen Computer wenn doch eventuell kein Fernsehgerät oder gar Radio besitzt, so wird die Abgabe flächendeckend eingefordert. Die Zwangsabgabe ist aber keine geringfügige, wobei ein Großteil der Einnahmen letztlich für eine besondere Unterhaltungsform ausgegeben wird, nämlich Videoaufzeichnungen, die wirklich nicht universell angenommen wird. Hinzu kommt, dass bisher die zahlenden Personen nicht einmal die Möglichkeit hatten, eine formelle Präferenz innerhalb des Angebots wirkungsvoll zu melden. So konnte man nicht bestimmen, dass sein Geld zum Beispiel für das Radioprogramm ausgegeben wird, da man nicht fernsieht; oder dass es an die Kultursender und nicht etwa an Sportprogramme geht. (Da dies leicht zu bewerkstelligen wäre, muss man davon ausgehen, dass es von den Machtinhabern nicht gewollt ist. Damit zeigen diese auch im Kleinen ihre Ablehnung von demokratischen Prinzipien.)

Es gibt weitere Bereiche, in denen die Finanzierung von Leistungen, die einen halbwegs universellen Anspruch besitzen, problematisch ist, und zwar insbesondere bei der individuellen Kultur. Im Zeitalter der Reproduzierbarkeit kann zum Beispiel jeder fast grenzenlos Musik billig hören, vorausgesetzt, sein Geschmack wird millionenfach geteilt und er möchte keine Konzerte besuchen, insbesondere keine Kleinkonzerte. Ähnliches gilt fürs Theater, für den Museumsbesuch und so weiter.

Der Staat oder die Gemeinde versucht halbherzig und bürokratisch von oben herab für Korrektur oder Abhilfe zu sorgen, denn der Wert dieser Randkultur wird nach außen hin anerkannt. Mit einer anderen Hand aber erschwert der Staat deren Überleben, indem zum Beispiel Mehrwertsteuer oder andere Abgaben erhoben werden oder sonst bürokratische Kleinarbeit aufgezwungen wird.

II.

Man stelle sich jetzt Folgendes vor. Jeder Haushalt erhält (oder erhält gratis angeboten) eine mit PIN ausgestattete Kulturkarte, anhand derer der Besuch von Kulturveranstaltungen, Museen, Kunstgalerien und dergleichen bezahlt werden kann. Das wäre das Grundeinkommen Kultur. Nach fünfzehn Monaten verfällt die Karte und es wird eine neue angeboten.

Man könnte sich nun mehrere Szenarien vorstellen, und diese könnten sich im Laufe der Zeit abwechseln.

Diejenigen, die sich jetzt gleich um die Haushaltskosten (hier des Staates!) Sorgen machen, könnte man zunächst mit der Vorstellung besänftigen, dass jeder Haushalt bereits prächtig für die rechtlich-öffentlichen Sender nutzungsunabhängig zahlt. Dann stellt die Ausgabe der Kulturkarte zunächst einen Ausgleich für diejenigen zahlenden Bürger dar, die nicht fernsehen, dafür aber ihre Kultur live erleben wollen. Das würde zwar nicht alle Betroffenen beruhigen, wäre aber der Anfang eines Wandels, an dessen Ende ein Konsens erreichbar wäre.

Mit dem Ausbau dieses Konzeptes könnte man über kurz oder lang die staatliche Förderung von Kulturveranstaltungen, Museen und so weiter zurückfahren oder ganz beenden, denn die Eintrittspreise ließen sich merklich erhöhen, ohne dass die Besucher abgeschreckt werden. Sein Grundeinkommen Kultur würde man schließlich nur für den Besuch von kulturellen Veranstaltungen ausgeben können (also nicht für Aufnahmen, Medienträger oder Bücher)

Man könnte weiter eine Unterscheidung zwischen Kultur und Unterhaltung dergestalt machen, dass dort, wo kommerziell gesponsert wird, die Karte nicht zugelassen wäre.

Vorstellbar wäre weiter, das Schema zunächst in einigen wenigen Städten durch einen Probelauf zu testen.

Auch wenn ein Handel entstehen würde (denn man könnte seine Karte samt PIN gegen Bargeld weitergeben), so würde dies sich in Grenzen halten und den Zweck letztlich nicht unterwandern.

Denn der Zweck ist vielfältig. Zunächst geht es um einen Ausgleich dafür, dass Menschen, die das öffentlich-rechtliche Medienangebot nicht oder wenig nutzen, dieses doch voll bezahlen müssen. Dem Bürger müsste es freigestellt werden, ob er seine Kultur- oder Unterhaltungsbedürfnisse von Maschinen oder lieber direkt von Menschen erfüllt bekommen will.

Zum zweiten geht es darum, dass der Obrigkeit und der Bürokratie in der Kultur ein Riegel vorgeschoben wird, indem marktgerechte und demokratische Prinzipien eingeführt werden. Weder Beamte noch Politiker dürften sich anmaßen, mit ihren Entscheidungen und zeitweise mit Willkür den Bürgern ihren Kulturkonsum praktisch vorzuschreiben. Dies gilt ebenfalls für kommerzielle Sponsoren.

Zum dritten geht es darum, dass die Mittel für die menschennahe Kultur gesichert werden. Dazu gehört der Gedanke, dass vollkommen andere Steuer- und Steuerungsprinzipien gelten müssen, je nachdem, ob es sich um (maschinell reproduzierte) Massenunterhaltung oder aber um einzelne Kulturleistungen handelt. Zurzeit wird die menschennahe Kultur mit System steuerlich benachteiligt, und Maschinen werden bevorzugt. Dabei ist es nicht nur die menschennahe Kultur, die zu kurz kommt: beim Besuch eines Konzerts, eines Museums oder einer Ausstellung können gleichgesinnte Menschen sich auf natürliche Art und Weise kennenlernen, ganz anders als bei seltsamen und seltenen Begegnungen in der virtuellen Welt. Damit wird ein Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und der psychologischen Gesundheit geleistet.